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Groß- und Kleinschreibung bei Adjektiven und Partizipien

Ein kleiner Einstieg

Am frühen Morgen stand Jana ungeduldig am Bahnsteig. Die Anzeige blinkte: „Zug fällt aus.“ Genervt rief sie ihren Chef an. „Ich komme verspätet, aber ich bringe etwas Wichtiges mit!“ Später am Schreibtisch las sie eine Mail mit dem Betreff: „Nur das Beste für unsere Kunden“. Dabei fragte sie sich plötzlich, warum manche Adjektive groß- und andere kleingeschrieben werden.

Wenn du dich das auch schon gefragt hast, dann kommt hier die Erklärung!

 

Grundregel: Kleinschreibung bei attributivem Gebrauch

Adjektive und Partizipien werden kleingeschrieben, wenn sie attributiv verwendet werden, also ein Nomen näher bestimmen. Sie stehen dann direkt vor dem Nomen und sind in Kasus, Numerus und Genus angepasst.

Beispiele:

  • Adjektiv (interessant): eine interessante Frage
  • Partizip I (von schlafen): mehrere schlafende Hunde
  • Partizip II (von verlieren): der verlorene Schlüssel

 

Substantivierung: Großschreibung bei nominalem Gebrauch

Wenn Adjektive oder Partizipien wie Nomen gebraucht werden, spricht man von einer Substantivierung. Anhand folgender Indizien kannst du die Substantivierung erkennen und musst folglich großschreiben.

1. Nach Artikelwörtern

  • Das Fremde macht ihr Angst.
  • Er bestellte sich ein Helles.
  • Sie bewundert das Schöne in der Natur.

2. Nach Pronomen

  • Sie möchte etwas Kaltes trinken.
  • Man hört nichts Gutes über ihn.
  • Er möchte sein Französisch verbessern.
  • Dieses Grün finde ich ganz furchtbar.

3. Nach Präpositionen

  • Beim Kochen höre ich Musik.
  • Nach dem Gesagten war klar, wie es weitergeht.
  • Sie ist offen für Neues.

 

Groß oder klein?

Manchmal kann man sowohl groß- als auch kleinschreiben – je nachdem, wie das Adjektiv oder Partizip im Satz verwendet wird.

  • Das Beste kommt zum Schluss.
  • Das beste Stück hat er sich für den Schluss aufgehoben.

 

Man schreibt auch klein, wenn das Nomen nicht direkt hinter dem Adjektiv steht, sondern vom Kontext her klar ist oder einfach ausgelassen wurde, um Wiederholungen zu vermeiden. Es muss dabei nicht einmal im selben Satz vorkommen oder dieselbe Form haben:

  • Im Frühling pflanze ich alle Samen, die ich im Winter gesammelt habe. Jeder gekeimte wandert später ins Hochbeet.
    → alle Samen / jeder gekeimte Samen (1. Satz Plural, 2. Satz Singular)

 

Nach am wird das Adjektiv nur großgeschrieben, wenn man es durch an dem ersetzen kann und es somit ein Nomen ist. Frageprobe:
Ist die Frage An wem?/Woran?, dann handelt es sich um ein Nomen → groß
Lautet die Frage Wie?, ist es ein Superlativ → klein

  • Er orientiert sich am Klügsten / am Besten aus der Runde.
    Frage: An wem?/Woran? → Großschreibung
  • Mit konkreten Beispielen zu arbeiten ist am klügsten / am besten.
    Frage: Wie? → Kleinschreibung

 

Farbadjektive werden großgeschrieben, wenn ohne sonstige Änderungen im Satz vor dem Adjektiv "die Farbe" stehen kann. Auch hier funktioniert die Frageprobe: Bei Was? schreibt man das Adjektiv groß, bei Wie? schreibt man klein.

  • Meine Lieblingsfarbe ist [die Farbe] Blau. Was ist meine Lieblingsfarbe? → Großschreibung
  • Der Himmel ist blau. Wie ist der Himmel? → Kleinschreibung
  • Die Farbe des Himmels ist Blau/blau.
    Was / Wie ist die Farbe des Himmels? → beide Möglichkeiten sind korrekt

 

Auch bei Sprachbezeichnungen ohne Artikel oder Pronomen ist es manchmal schwierig zu entscheiden, ob groß- oder kleingeschrieben werden muss. Der Unterschied hängt vom Satzkontext ab:

Großschreibung erfolgt, wenn das Wort als substantiviertes Adjektiv verwendet wird und sich auf Sprachkenntnisse bezieht. Hier hilft die Frage: Was?
Beispiel: „Er spricht fließend Deutsch.“ (Was spricht er? → Deutsch = Sprache → groß).

Kleinschreibung ist richtig, wenn das Wort als adverbiale Angabe der Art und Weise gebraucht wird. Dann fragt man: Wie?
Beispiel: „Sie unterhalten sich deutsch miteinander.“ (Wie unterhalten sie sich? → deutsch = adverbial → klein).

 

Es gibt einige feste Wortverbindungen, bei denen sowohl die Groß- als auch die Kleinschreibung richtig sind, z. B. vor kurzem/Kurzem, bis auf weiteres/Weiteres, von neuem/Neuem, seit längerem/Längerem.

  • Alina ist bis auf weiteres/Weiteres krankgeschrieben.
  • Des Weiteren hat sie ihren Urlaub stornieren müssen.
    (Substantiviertes Adjektiv, angezeigt durch den Artikel → Großschreibung)

 

Zusammenfassung

  • Attributiv: kleingeschrieben, wenn vor einem Nomen → die spannende Geschichte
  • Substantivierung: großgeschrieben, wenn wie ein Nomen → das Spannende
  • Nach Artikel, Pronomen, Präposition: Großschreibung, wenn das Wort als Nomen gebraucht wird
  • Feste Wendung: meist kleingeschrieben; nominalisiert groß

Merktipp: Frag dich: Kann ich „das“, „ein“, „viel“ oder „etwas“ davor setzen? Wenn ja: großschreiben!

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