Deutsche Dialekte
„Schwäbisch oder Badisch? Klingt doch alles gleich!“ So mancher Norddeutsche mag verwundert den Kopf schütteln über die ungehaltenen Reaktionen, die er mit einer solchen Äußerung zwischen Karlsruhe und Stuttgart auslösen wird. Im Gegenzug dazu werden Süddeutsche wahrscheinlich nur fragend mit den Schultern zucken, wenn an der Waterkant ein Urgestein sein Platt auspackt. Das Problem mit den Dialekten: Außerhalb der jeweiligen Sprachregion versteht man sie oft nur schlecht. Und natürlich halten sich die Sprachgrenzen in der Regel auch nicht an politische oder geografische Grenzen. Oder wusstest du, dass in den Niederlanden Nord-Niederfränkisch gesprochen wird? In unserem Überblick findest du eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten geografischen und linguistischen Facts zu den bekanntesten deutschen Dialekten. Diese Karte hilft dir, die Dialektregionen aus unserem Artikel wiederzufinden.
Badisch
Historie: Oberdeutsche Mundart, aus dem Alemannischen, nördlich von Karlsruhe dem (Süd)Fränkischen zugehörig
Gebiet: Baden-Württemberg, grob zwischen Lörrach im Süden, Sinsheim im Norden, dem Bodensee im Osten und der französischen Grenze im Westen
Typisch: [st] wird zu [ʃ] -> machsch (machst), kannsch (kannst); [a] wird zu [ɔ] -> Schnoog (Stechmücke), mogsch (magst); viele Wörter mit französischem Ursprung, z. B. Salli (Hallo), Billeddle (Ticket), Maleer (Beschwerden)
Wortschatz: Top 10 der badischen Wörter
Abgrenzung: Schwäbisch, Kurpfälzisch, Hohenlohisch, Elsässisch
Bayerisch
Historie: Oberdeutsche Mundart, aus dem Bayerisch-Österreichischen
Gebiet: Bayern, grob zwischen der österreichischen Grenze im Süden, Weiden im Norden, der tschechischen Grenze im Osten und Nürnberg bzw. Augsburg im Westen
Typisch: [ei] wird oft zu [oa] -> Oachkazerl (Eichhörnchen), hoaß (heiß), woas i ned (weiß ich nicht); [Vokal + r] wird zu [a] -> Uaviech (Kerl), oba (herunter), Dochda (Tochter); [k,p,t] wird zu [g,b,d] -> Dopf (Topf), gloana (kleiner); Verkleinerungsform: -e(r)l (Maderl, Festl)
Wortschatz: Top 10 der bayerischen Wörter
Abgrenzung: Fränkisch, Schwäbisch, Österreichisch
Berlinerisch
Historie: Niederdeutsche Mundart bzw. Metrolekt (in Städten gesprochene Sprachvariante)
Gebiet: Großraum Berlin, Teile Brandenburgs
Typisch: [g] wird zu [j] -> jewaltich (gewaltig), janz (ganz), Abjang (Abgang), jleich (gleich); Diphthonge werden zu einfachen Vokalen -> een (ein), Kleene (Kleine), ooch (auch), uff (auf); [pf] wird zu [p] -> Kopp (Kopf), Appel (Apfel); Pronomen: ick (ich), et (es), dit (das), wat (was); Akkusativ oft als Dativ: du liebst mir nich (du liebst mich nicht)
Wortschatz: Berliner Schnauze – Unsere Top 10 Wörter
Abgrenzung: Brandenburgisch, Mittelmärkisch, Lausitzisch-Neumärkisch
Fränkisch
Historie: Übergangsbereich zwischen den ober- und mitteldeutschen Mundarten; umgangssprachlich oft nur auf die ostfränkischen Dialekte bezogen
Gebiet: v. a. Nord-West-Bayern, grob zwischen Gunzenhausen im Süden, Naila im Norden, Hof im Osten und Würzburg im Westen
Typisch: das sehr hart gerollte [R]; [k,p,t] wird zu [g,b,d] -> Fränggisch (Fränkisch), Glubbara (Clubberer); -ng als Endung -> Abodeng (Apotheke), Lebkoung (Lebkuchen), aweng (ein wenig); Verkleinerungsform: -la (Haichamuggerla (Marienkäferchen), Laabla (Brötchen))
Wortschatz: Top 10 der fränkischen Wörter
Abgrenzung: Bayerisch, Rheinfränkisch, Mittelfränkisch
Hessisch
Historie: Mitteldeutsche Mundart, aus dem Rheinfränkischen, einer der heterogensten deutschen Dialekte
Gebiet: Hessen, Teile von Rheinland-Pfalz und NRW, grob zwischen Heidelberg im Süden, Kassel im Norden, Heringen im Osten und Siegen-Wittgenstein im Westen
Typisch: Durch Hessen ziehen sich mehrere wichtige Aussprachelinien: In fast ganz Hessen wird [pf] zu [p] und dann zu [b] -> Äbbelwoi (Apfelwein); im Westen wird [ʃ] zu [ç] -> Kirche (Kirsche), Fich (Fisch); Umschreibung statt Genitiv: em Uli sei Brouder (Ulis Bruder)
Wortschatz: Top 10 der hessischen Wörter
Abgrenzung: Pfälzisch, Kurpfälzisch, Thüringisch
Kölsch
Historie: Mitteldeutsche Mundart, Unterart des Ripuarischen, aus dem Mittelfränkischen
Gebiet: Köln und Umland
Typisch: [i] wird zu [e] -> Leed (Lied), ene (eine); [g/k] wird zu [j] -> eijentlich (eigentlich), Jrümmel (Krümel); [s] wird zu [t] -> wat (was); et (es), dat (das); [au] wird zu [o] oder [u] -> op (auf), och (auch), uus (aus); [b] wird zu [v] -> levve (leben), lever (lieber); Endung -ing: Rhing (Rhein), ming (mein), teils andere Artikel -> et Speck, de Auto; viele Wörter aus dem Französischen: Fisimatenten (Unfug), Bajasch (Gepäck)
Wortschatz: Top 10 der kölschen Wörter
Abgrenzung: Moselfränkisch, Luxemburgisch
Plattdeutsch
Historie: umgangssprachlich für die Niederdeutsche Mundart im Allgemeinen; eigentlich „Platt“ = „Mundart allgemein“
Gebiet: Niedersachsen, Schleswig-Holstein, NRW, Mecklenburg-Vorpommern; grob zwischen dem Ruhrgebiet im Süden, Flensburg im Norden, Usedom im Osten und Emden im Westen
Typisch: [f] wird zu [p] -> slapen (schlafen), Schipp (Schiff); [ch] wird zu [k] -> ik (ich), maken (machen); [ʃp/ʃm] wird zu [sp/sm] -> smeren (schmieren), spitz (spitz); Pronomen: he (er), se (sie), dat (das), hum (ihm), wi (wir), jo (euch); Auslassen von ge- beim Partizip: daan (getan), slapen (geschlafen)
Wortschatz: Top 10 der plattdeutschen Wörter
Abgrenzung: Englisch, Friesisch, Niederfränkisch
Ruhr(pott)deutsch
Historie: Regiolekt aus dem Hochdeutschen, mit Einflüssen aus dem Westfälischen und Niederrheinischen
Gebiet: Nordrheinwestfalen, grob zwischen Ennepetal im Süden, Haltern im Norden, Fröndenberg im Osten und Sonsbeck im Westen
Typisch: [g/k] wird zu [ch] -> Düsbuach (Duisburg), Tach (Tag), möchlich (möglich); [s] wird zu [t] -> dat (das), wat (was), et (es); [pf] wird zu [p] -> Kopp (Kopf); wegfallende Wortendungen: nich (nicht), hatt (hatte); Verschmelzung von Wörtern -> hömma (hör mal), bisse (bist du), binnich (bin ich); anderer Fall bei Präpositionen: bei die Omma (bei der Oma)
Wortschatz: Top 10 der Wörter aus dem Ruhrpott
Abgrenzung: Westfälisch, Niederrheinisch
Sächsisch
Historie: Mitteldeutsche Mundart, genauer: Obersächsisch
Gebiet: Sachsen, teils Sachsen-Anhalt, teils Thüringen, grob zwischen Chemnitz im Süden, Wittenberg im Norden, Neustadt im Osten und Erfurt im Westen
Typisch: [a] zu [o] -> ober (aber), Orbeit (Arbeit), Obend (Abend); [st] wird zu [ʃt] -> haschde (haste), bischt (bist); [k,p,t] wird zu [g,b,d] -> Abbl (Apfel), Beedorsielsche (Petersilie); [ç] wird zu [ʃ] -> Bliemschn (Blümchen), Breedschn (Brötchen); Verschmelzung von Wörtern -> hammer (haben wir), haschde (hast du)
Wortschatz: Top 10 der sächsischen Wörter
Abgrenzung: Thüringisch, Schlesisch-Lausitzisch, Erzgebirgisch
Schwäbisch
Historie: Oberdeutsche Mundart, aus dem Alemannischen
Gebiet: Baden-Württemberg und westliches Bayern, grob zwischen Füssen im Süden, Heilbronn im Norden, Augsburg im Osten und Freudenstadt im Westen
Typisch: [st] wird zu [ʃ] -> hasch (hast), magsch (magst), glaubsch (glaubst); Nasalierung des [a] -> naahogga (hinsetzen), draaliega (daliegen); ö,ü werden zu e,i -> effendlich (öffentlich), ibrall (überall); [k,p,t] wird zu [g,b,d] -> Babba (Papa), Delefoo (Telefon); teils andere Artikel -> dr Budder (die Butter), des Deller (der Teller), dr Klo (das Klo); Verkleinerungsform: -le (Weckle, Häusle, Mädle)
Wortschatz: Top 10 der schwäbischen Wörter
Abgrenzung: Badisch, Bayerisch
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