Deutsche Fremd- und Lehnwörter und ihre Herkunft
Fenster, Zucker oder Kaffee klingen doch alle ziemlich „deutsch“, oder? Doch auch diese drei Wörter fanden einst nur über andere Sprachen ihren Weg zu uns. Manchmal liegt dies in der Tat schon so lange zurück, dass man es den betreffenden Wörtern nicht mehr wirklich anmerkt. Bei anderen Wörtern ist der fremde Ursprung jedoch noch klar zu erkennen. Und das ist übrigens auch schon der wichtigste Unterschied zwischen Fremd- und Lehnwörtern: Lehnwörter, wie zum Beispiel Fenster, sind in Schreibung, Aussprache und Grammatik schon so „eingedeutscht“, dass man sie nicht mehr als „fremd“ wahrnimmt. Ein Fremdwort wie Boykott hingegen erregt mit dem y in der Schreibweise schon mehr Aufsehen. Alles klar? Dann kann’s ja losgehen. Hier findest du erstaunliche Geschichten rund um die zehn schönsten Fremd- und Lehnwörter im Deutschen.
#1 Fisimatenten
Dieses schöne Wort existiert auch heute noch in vielen Dialekten. Und es ranken sich die tollsten Geschichten um seine Herkunft. Allerdings bedeutet es schlicht Umstände oder leere Ausflüchte. Volkstümlich geht dieser Ausdruck auf das französische visitez ma tente (besuchen Sie mein Zelt) zurück. Ja, richtig gelesen! Mit diesem Spruch sollen einst französische Soldaten junge Damen zum Stelldichein bestellt haben. Die Wissenschaft vermutet die Wortwurzeln im Lateinischen: visae patentes (kompliziert angefertigtes Patentschreiben = überflüssige Bürokratie) in Verbindung mit dem Mittelhochdeutschen visamente (Zierrat von Wappenschilden). Doch die tatsächliche Herkunft bleibt weiter ungeklärt.
#2 Tacheles
Bekannt ist dieses Wort wohl am ehesten durch die Wendung Tacheles reden, also offen und direkt mit jemandem sprechen. Doch wusstest du, dass es aus dem Hebräischen über das Jiddische ins Deutsche kam? Das hebräische taklît bezog sich zuerst mehr auf das zweckmäßige Handeln als auf das Reden an sich. Und so wurde es auch im Jiddischen noch benutzt. Erst im Deutschen hat sich die rein verbale Komponente herausgebildet.
#3 Halunke
Der Halunke mutet heutzutage schon etwas antiquiert an. Seine Herkunft ist jedoch durchaus interessant. Im Deutschen als Gauner und Schurke bekannt, fand der Halunke im 16. Jahrhundert seinen Weg aus dem Tschechischen ins Deutsche. Dort hatte das Wort holomek jedoch lediglich die Bedeutung junger Mann, Diener oder Knecht. Wie aus diesen netten Männern schließlich ein dreister Schurke wurde, ist leider nicht bekannt.
#4 Tollpatsch
Ungeschickte Menschen bezeichnet man gerne auch als Tollpatsch. Dieses tolle Wort fand im 17. Jahrhundert zuerst unter der Form Tolbatz aus dem Ungarischen seinen Weg ins Deutsche. Die wörtliche Bedeutung des ungarischen talpas (breitfüßig) bzw. talp (Sohle, Fuß) dient hier als Ausgangspunkt für die Übertragung der Bedeutung: Denn wer so breite Füße hat, muss ja eigentlich permanent in irgendwelche Fettnäpfchen treten oder über seine eigene Füße stolpern.
#5 Horde
Als Horde bezeichnen wir im Deutschen eine Gruppe von Menschen und zwar in der Regel eher solche, die lärmend oder gar plündernd durch die Gegend ziehen. Das Wort kam schon im 15. Jahrhundert, wohl im Zuge der Osmanenkriege, aus dem Türkischen zu uns. Aus dem türkischen ordu (Heer) wurde auf dem Umweg über den Balkan das polnische horda, welches schon den negativen Touch der wütenden Schar innehatte. Und mit dieser Konnotation fand der Begriff schließlich auch im Deutschen Einzug.
#6 Schabracke
Vielleicht kennst du das etwas veraltete Schimpfwort alte Schabracke. Doch wer hätte gedacht, dass das Wort in seiner Ursprungsform einfach nur ein Begriff aus der Reiterei ist? Es wird vermutet, dass csábrák im 17. Jahrhundert aus dem Ungarischen zu uns kam. Doch auch das türkische çaprak könnte die Quelle für unsere heutige Schabracke sein, denn beide Wörter bezeichnen eine Pferde- oder Satteldecke. Und genau das bedeutete dieser Begriff auch zunächst im Deutschen und tut es im Übrigen auch heute noch. Spätere Entwicklungen hin zu Fensterbehang oder zänkische, hässliche Frau sind neueren Ursprungs. Dieses Wort ist also ein ziemlicher Allrounder.
#7 Pyjama
Dem Pyjama hört man die fremde Herkunft noch ein wenig an, findest du nicht auch? Tatsächlich kam das Synonym für den guten alten Schlafanzug Anfang des 20. Jahrhunderts aus dem Englischen zu uns. Da hatte das Wort aber bereits eine lange Reise hinter sich. Sein Ursprung findet sich im südasiatischen Raum, genauer gesagt im Urdu als pā-jāma, das eine lose, um die Hüfte geknüpfte Hose bezeichnet. Urdu wird übrigens in Pakistan gesprochen. Doch egal, in welcher Sprache du träumst, wir wünschen eine geruhsame Nacht!
#8 Tomate
Ja, habe ich denn Tomaten auf den Augen? Die gute alte Tomate auf der Liste der Lehnwörter? Nun ja, immerhin musste die Pflanze ja auch erst einmal im 17. Jahrhundert ihren Weg nach Europa finden. Und zwar aus Mittelamerika! Der Name des beliebten Gewächses leitet sich von tomatl ab, einem Wort aus dem Nahuatl, einer Sprache der mexikanischen Azteken. Über das Spanische und Französische (tomate) fand die Tomate schließlich ihren Weg in die deutsche Sprache. Guten Appetit!
#9 Kapuze
Was wäre ein Hoodie ohne seine Kapuze? Diese existiert im Deutschen in genau dieser Bedeutung bereits seit ca. 1500. Entlehnt wurde sie aus dem Italienischen, wo man jedoch die Form cappuccino kennt – und nein, damals ging es nicht um die beliebte Kaffeespezialität mit Schaum, wenngleich diese ihren Namen natürlich auch der „Milch-Kapuze“ verdankt. Zuvor existierte das Wort bereits im Spätlateinischen als cappa, was aber auch den zur Kapuze gehörigen Mantel mit einbezog. Schick, schick!
#10 Jauche
Wer auf Lateinisch in der Taverne früher ein ius bestellte, bekam eine Brühe oder Suppe serviert. Wie es von diesem wohltuenden ius zur stinkenden Jauche kommen konnte, weiß keiner so genau. Bereits im späten Mittelalter kennt man im Westslawischen für Jūche die Bedeutung „stinkende Flüssigkeit, Stalldünger“. Böse Zungen oder andere Suppenkasper wären vermutlich schnell dabei, auch eine Suppe nur als merkwürdige, undurchsichtige Flüssigkeit zu bezeichnen. Dabei können Suppen doch so lecker sein!
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